Thema Müll: Warum wird das schöne Sofa zermalmt?

Müll

Eines morgens, letzte Woche, auf dem Weg zum Kindergarten: Das Müllauto, auf dem hier in Kopenhagen sinngemäß „Wiederverwertung ist Gold“ steht, hält in der Nebenstraße. Die Kinder beobachten mit großen Augen, wie die zwei Männer ein großes, weißes Sofa zum Auto tragen. Dort kracht wenig später eine schwere Metallplatte wie eine Guillotine auf das Sofa nieder und zerhackt es in Kleinteile. Einen zum Sofa passenden Sessel ereilt das gleiche Schicksal.

Ich habe zwar wie jeden Morgen nicht viel Zeit, muss den Kindern aber erklären, warum hier noch funktionstüchtige Möbel kaputt gemacht werden: Vielleicht weil die Leute, denen die Möbel gehörten, sie nicht mehr brauchten / nicht mehr schön oder gemütlich fanden / nicht mit ihnen umziehen wollten und zu faul / zu schwach / zu gestresst waren, sie zum Gebrauchtwarenladen um die Ecke zu tragen oder die dort auch niemand mehr haben wollte… oder … oder. „Aber ich fand das doch noch schön“, tönte es von der Kleinen.

Aufruf zum Tauschen

Ein noch einmal weiter verwendetes Sofa ist umweltfreundlicher als ein in seinen Einzelteilen wieder aufbereitetes (falls das jemand machen würde). Dabei finde ich, dass sich die Kopenhagener Abfallwirtschaft bereits stark bemüht, de Leute dazu zu ermuntern, noch funktionstüchtige Dinge weiterzugeben statt sie wegzuschmeißen. Mehrmals im Jahr erhalten die Haushalte die auf Recyclingpapier gedruckte Abfallbroschüre „AFFALD KBH“, die die Bürger dann beispielsweise auf die „Tauschzentren“ hinweist, die in den „Wiederverwertungsstationen“ der Stadt eingerichtet sind. Außerdem werden wertvolle Anregungen zum Tauschen und Weiternutzen gegeben, zum Beispiel eine Tauschecke im Hinterhof einrichten oder Tauschveranstaltungen (Starthilfe gibt es online) auf den Weg bringen.

Gebraucht ist hipp

Kopenhagener kaufen gern gebraucht: Ein Aspekt, den ich auch im Buch anspreche
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20.000 Tonnen Sperrmüll fallen jährlich in der dänischen Hauptstadt an, die ich trotzdem als sehr Second Hand-affin erlebt habe. Überall gibt es kleine Gebrauchtwarenläden, die meist auch gern annehmen, was man selbst nicht mehr braucht (bis auf meinen großen Blumentopf heute, was mich etwas geärgert hat, denn der war nicht ganz billig). Insgesamt habe ich die Kopenhagener in dieser Hinsicht als sehr nachhaltig erlebt, was ich auch in meinem Buch „Ein Jahr in Kopenhagen – Reise in den Alltag“ beschreibe, das Ende des Monats erscheint (keine Angst, die Werbetrommel werde ich später noch einmal kräftig rühren… ;-)). Zumindest wird in dieser Stadt niemand schief angeschaut, wenn er sein Heim mit gebrauchten Möbeln bestückt – vielmehr kann das ziemlich cool sein.

Jetzt will ich selbst bald umziehen und damit alles in den Umzugswagen passt, muss ich auch reduzieren und sortieren. Da fällt natürlich auch einiges an zum Weiterverschenken. Gestern habe ich unbespielte Spielsachen im Kinder-Gebrauchtwarenladen abgegeben und heute meinen schönen grauen Mantel, der aber irgendwie unvorteilhaft saß, alte Ordner, ungelesene Bücher und sogar die Sammlung an Plastiktüten, die in solchen Läden ja noch Verwendung finden kann. Auf Facebook möchte ich für einige der Topfpflanzen ein neues Heim finden. Nur, was mach ich jetzt mit dem großen Blumentopf?

13 Kommentare

  1. Als wir beim letzten mal umgezogen sind, mussten wir sehr viele Möbel zurück lassen bzw. auf den Sperrmüll geben – gute und schöne Möbel wohlgemerkt. Wir hatten vorher Wohlfahrts-Einrichtungen abtelefoniert und gefragt ob sie das Zeug haben wollen, doch die hatten Termin-Wartezeiten von mehreren Wochen, nur um mal vorbei zu kommen und es sich anzuschauen. Das fand ich krass. Wir hatten nicht so viel Zeit.

    Wenn man nicht monatelang warten kann bis irgendwer sich mal auf die Anzeigen (egal ob Netz oder Zeitung) zur Selbstabholung meldet, dann ist der Sperrmüll leider oft der einzige Weg das Zeug loszuwerden. Mir tat das damals sehr weh und ich war froh um die Leute die mit ihren Kleinbussen kamen und wenigstens die (funktionierenden!) Elektrogeräte mitnahmen, und um den Nachbar der sich ein paar Teile raus kramte. Ich wollte damals ja noch nicht mal Geld dafür. Mir war es egal ob das weiter verkauft wird oder was auch immer, so lange es nicht im Müll landet.

    Als ich den ganzen Kram in der Müllpresse des Autos sah, musste ich fast ein wenig heulen. Das war schon sehr hart. Mir tat diese Verschwendung echt weh. :-/

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    1. Das kenne ich und kann das absolut nachvollziehen. Mir tut das sogar weh, wenn es anderer Leute Sperrmüll ist. Wahrscheinlich hast du recht, wenn man wirklich Abnehmer finden will, muss man schon Monate vorher anfangen – Monate, wo man die Möbel ja noch nutzen will / muss. Bei einem Umzug ist es oft aber entscheidend, wie viel mitgenommen werden kann und wenn man zusammen zieht, braucht man auch einfach nicht alles doppelt. Ich hoffe auch immer, dass sich die Nachbarn noch etwas wegnehmen, wenn ich Sachen schon in unseren Sperrmüllschuppen im Hinterhof stellen muss.
      Liebe Grüße und danke für deinen Bericht – du sprichst mir aus der Seele! Marlene

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  2. Hallo Marlene!

    Es gibt auf FB Verschenkgruppen, da müsste man einmal suchen in Deiner Gegend.

    In Österreich gibt es ein Portal „willhaben“ da kann man gratis Anzeigen aufgeben in 3 Rubriken (verkaufen, suchen, verschenken)

    Über die Rubrik „verschenken“ habe ich nicht nur wunderbare Sachen gefunden sondern erfolgreich innerhalb von wenigen Stunden verschenkt.

    Ich bin überzeugt, dass es auch in Dänemark ähnliche Einrichtungen im Internet gibt.

    lg
    Maria

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    1. Hallo Maria,
      du hast recht – da muss ich Facebook noch einmal nach einer Kopenhagener Gruppe durchsuchen. Mal sehen, wie schnell Sachen dann weg sind.
      Liebe Grüße und noch ein schönes Wochenende,
      Marlene

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  3. Tauschbörse ist gut. Oder via ebay Kleinanzeigen weitergeben. In Städten gibt es oft Stadtmagazine, wo man auch online inserieren kann, Soziale Träger, Heilsarmee oder Jugendklubs anfragen. Oder ich habe mal ein altes Sofa auseinandergenommen. Die Kissen eignen sich super als Sitzkissen oder als Bauteile für eine Zimmerhöhle. Und aus dem Holz habe ich Bausteine für die Kinder angefertigt. Der Rest wanderte dann in den Sperrmüll. War dann erheblich weniger als vorher.

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    1. Oha, das Sofa-Projekt klingt aufwändig, aber wenn es Spaß gemacht hat! Bauklötzer sind ja super. Wenn wir nicht umziehen würden, würde ich vieles ja auch behalten. Aber jetzt will ich die Gelegenheit nutzen, mal zu reduzieren und genauer darüber nachzudenken, was wir wirklich brauchen. Es soll ja auch nicht so sein, dass ich es hier wegschmeiße und am neuen Wohnort neu kaufen muss! – Ich glaube, ich frage mit meinen Sachen, die der eine Gebrauchtwarenladen nicht wollte, nochmal beim kirchlichen Second Hand an. Kommt auch manchmal bisschen auf deren Platz und Kundenkreis an.
      Liebe Grüße und danke für die vielen Tipps!
      Marlene

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      1. So ein Umzug kann schon eine gute Zäsur sein, was man wirklich braucht. Ich bin eher so ein Sammlertyp. ‚Kann man noch gebrauchen. Könnte man noch was mit machen. ….‘ Aber vor eine Dekade mussten wir auch gut entrümpeln. Und ich habs überlebt.

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      2. Haha, ich bin definitiv auch ein Sammlertyp und sehe sofort Upcycling-Ideen vor meinem inneren Auge. Deswegen zieht meine Reststoffsammlung beispielsweise mit um 🙂

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