Video-Tipp vom ÖKO-Nähstudio: Modeblogger an der Nähmaschine

Modeblogger

Im Ökonähstudio gibt es heute nichts Selbstgenähtes, aber einen Video-Tipp, der mich über das aktuelle Greenpeace-Magazin erreicht hat: Die norwegische Zeitung Aftenposten schickte 2014 drei modeinteressierte junge Menschen, darunter eine der meistgelesenen norwegischen Modebloggerinnen, auf eine Reise nach Kambodscha. Dort sollten sie einen Tag lang in einer Textilfabrik an der Nähmaschine sitzen und Pullis im Akkord nähen und am nächsten Tag mit dem so verdienten Geld (drei Dollar für oft zwölf Stunden Arbeit) für eine Mahlzeit für zehn Menschen einkaufen. Außerdem lernten sie junge Leute vor Ort kennen.

Warum das tränenreich endete, kann man sich in der Reality-Doku „Sweatshop – deadly fashion“ in fünf Teilen von etwa je zehn Minuten mit englischen Untertexten anschauen.

Das Format kann man sicherlich in jedem Land nachdrehen. In Dänemark gab es schon 2011, lange vor der norwegischen Produktion, eine ähnliche Doku namens „Blod, sved og t-shirts“ (Blut, Schweiß und T-Shirts). Dort wurden junge, modeaffine Menschen zum Arbeiten in die indische Textilindustrie geschickt. Diese Sendung gibt es meines Wissens aber nur auf Dänisch.

Wie schlecht ist SCHLECHT?

Eine wichtige Pointe der norwegischen Serie war, dass selbst wenn man zu wissen glaubt, dass es den Näherinnen unserer Billigkleidung schlecht geht, nicht wirklich weiß, was SCHLECHT in der Realität bedeutet. Wenn man einen Tageslohn von drei Dollars hört, dann weiß man deshalb noch nicht, wie viel man dafür vor Ort kaufen kann. Werden die Leute satt? Unter welchen Bedingungen leben sie? Und sind sie mit diesem Leben zufrieden?

Was lernen wir aus Dokus?

Die spannende Frage ist, ob der Ausflug nach Kambodscha bei den Beteiligten (und Zuschauern) zu Verhaltensänderungen geführt hat. Die Bloggerin Anniken Jørgensen ist erst 18 Jahre alt, hat aber eine gewaltige Reichweite über ihren Blog mit 10.000 Klicks am Tag, über 120.000 Instagram-Followers und dazu noch über 11.000 Facebook-Fans. Ich hab mal durch die letzten Posts gescrollt, die mich irgendwie an meine letzte Klassenfahrt im Gymnasium erinnern, und nicht den Eindruck gewonnen, dass Nachhaltigkeit oder Green Fashion jetzt eine größere Rolle bei ihr spielt. In Artikeln wie diesem hier preist sie offen die (unfair produzierte) Mode von Zara & Co an. Unter einem Artikel der Enorm gab es dazu auch interessante Kommentare und Diskussionen. Ich will Anniken aber auch keine Vorwürfe machen, denn mit 18 ist sie einfach wie alle anderen Teenager auch – nur, dass sie mit eigenen Augen gesehen hat wie die Näherinnen von Kambodscha leben müssen.

14 Kommentare

  1. Meine Tochter hat sich die Filme auch angeschaut und in der Schule wurde eifrig über das Thema diskutiert und sich aufgeregt. Es hat aber, wie leider oft bei uns Menschen, nicht viel in ihrem Verhalten diesbezüglich geändert.
    Liebe Grüsse,
    Claudine

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    1. Bei mir war das auch lange so und manchmal kommt es auch wieder zurück. Man weiß genau, den Leuten geht es schlecht. Aber man will so gern eine neue schicke Hose. Bei den Standardmodeläden hängen die reihenweise und sehen schick aus und sind nicht mal teuer (Schüler haben ja nun mal nicht so ein hohes Budget). Und ganz ehrlich, meist ist kein grüner, fairer Modeladen um die Ecke, wo man die Klamotten auch mal anprobieren könnte. In dieser Hinsicht ist Onlineshopping schon doll unpraktisch. Aber ich hoffe wirklich, dass steter Tropfen irgendwann zum Nachdenken bringt. Eine Doku reicht da oft nicht aus.
      Liebe Grüße,
      Marlene

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  2. Hallo Marlene!

    Ich habe mir die Videos vor einigen Wochen bereits angesehen und sie sind wirklich sehr – ich nenne es mal so – reißerisch inszeniert worden. Man möchte meinen, dass das wirklich eine Veränderung bewirken könnte, so mitgenommen wie die Mädels gewirkt haben.

    Leider ist das bei den Blogbeiträgen nicht erkennbar und ich finde es besonders schade, dass sie diese Chance nicht ergriffen haben.

    Was nützen Filme die aufrütteln, wenn darauf keine Taten folgen???

    lg
    Maria

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    1. Hallo Maria,
      da hast du Recht. Der Verfilmung nach hätte ich gedacht, die drei Jugendlichen werden jetzt glühende Vorkämpfer für grüne Mode. Aber andererseits denke ich, dass es manchmal länger braucht für so eine radikale Umstellung. Ich wusste auch schon lange, dass billig produzierte Mode schlecht ist für die Umwelt und die Menschen, die in den Fabriken schuften. Bin aber trotzdem immer wieder rückfällig geworden, weil es einfach so viel einfacher ist, diese Sachen zu kaufen, die es überall gibt und die schön aussehen. Zur Zeit sind mal wieder fast alle meine Jeans durchlöchert und die biofair produzierte, die ich zu Weihnachten bekommen habe, ist einfach nicht so schick. Jetzt ringe ich mit mir, wie ich am besten an eine neue Lieblingsjeans komme. Dazu kommt bestimmt noch ein eigener Blogpost…
      Liebe Grüße,
      Marlene

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      1. Hallo Marlene!

        Ich kann Dich voll gut verstehen!

        Zusätzlich habe ich das Problem, dass ich die ganze Maschinerie dahinter nicht mehr durchschauen kann und mich frage, was wirklich richtig ist.

        Deshalb versuche ich auch immer wieder mich zu fragen, was ich bereit wäre zu bezahlen für Dinge, die handgefertigt sind wie z.B. ein Tuch oder eine Haube bzw. wie viel wäre ich bereit für die Reparatur von einem Kleidungsstück auszugeben.

        Morgen kommt z.B. die Sache mit dem Pulli meiner Tochter. Sie hat dann gemeint, da wäre keiner bereit 5,– Euro dafür zu bezahlen. Gebe ich ihr vermutlich sogar recht, nur ich habe über eine Stunde dafür gebraucht, mit 5,– Euro wäre das gar nicht abgetan, wenn ich das professionell machen würde.

        Worauf ich hinaus will – ich habe für mich beschlossen nur noch gebrauchte Kleidung zu tragen, die niemand mehr haben will.

        Das Altkleiderproblem ist so massiv geworden in den letzten Jahren, dass ich nicht einmal ökologisch korrekte Kleidung kaufen will, weil es einfach mehr als genug „Abfallkleidung“ gibt.

        Für mich ist das die einzig sinnvolle ökologische Handlung, es geht nicht nur um Müllvermeidung (dass das Teil nicht in den Müll wandert) sondern auch um die Sache mit dem Transport und dem Transportmüll. Herr widerstand hat einmal im Kleiderhandel gearbeitet und hat mir da einige Insider erzählt.

        Für mich ist mein Weg daher sehr klar. Natürlich hilft der Kostnixladen direkt am Ort, keine Frage. Aber daran bin ich nicht ganz unschuldig 😉

        lg
        Maria

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      2. Hallo Maria,
        Ich glaube ich mach mal einen Abstecher in den Gebrauchtwarenladen hier in der Nähe. Vielleicht hab ich ja Glück und jemand hat gerade eine schicke Jeans dort abgegeben.
        Wie finanziert sich so ein Kostnixladen? Alles ehrenamtlich?
        Liebe Grüße,
        Marlene

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      3. Hallo Maria!
        Was glaubst du wie groß eine Gemeinde sein muss, damit das funktioniert? Irgendwann möchte ich so etwas auch mal starten. Vielleicht ist eine Tauschbox ja ein erster Schritt.

        Liebe Grüße,
        Marlene

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      4. Hallo Marlene!

        Ich wohne in einer relativ kleine Gemeinde von rd. 7.500 Einwohnern.

        Meiner Meinung nach steht und fällt die Sache mit dem Raum. Wenn Du einen Raum hast, der nichts kostet, dann kannst Du das machen, denn dann schaffst Du, dass wirklich alles ohne Geld abläuft.

        lg
        Maria

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  3. Immer wieder darauf hingewiesen zu werden löst ja auch schon Nachdenken bei uns aus. Und Selbernähen ist AUCH ein Beitrag zur Nachhaltigkeit. Weil man viel sorgfältiger die Stücke erarbeitet, bevor man sie erstellt, während beim Einkauf ist eben mal schnell was mitgenommen, was sich später als gar nicht so vorteilhaft oder kombinierbar oder sonst als tragbar erweist. Und so liegt der Schrank voll von Kleidung die kaum getragen wird, aber billig war sie ;

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    1. Das stimmt – mühevoll selbst genähte Kleidung wirft man auch nicht so schnell weg. Für alle und alle Sorten Kleidung ist das aber auch nur eine Lösung, wenn man SEHR viel Zeit hat. 🙂

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